Achema 2024: Die Fluidik bewegt die Achema-Welt

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(Copyright) DECHEMA e.V. / Hannibal

Erdgaspipelines, Wasserstoff, Trinkwasser oder abgeschiedenes CO2 – ohne Pumpen, Armaturen und Verdichter geht es nicht. Zugleich stehen die Strömungsmaschinen im Ruf, energiehungrige und wartungsintensive Kostenfallen zu sein. Die Achema 2024 wird erneut die weltweit größte Pumpen-Fachmesse sein. Hier werden nicht nur aktuelle Entwicklungen, sondern auch Ausblicke in die Zukunft der Strömungsmaschinen gegeben.

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Schätzungen gehen davon aus, dass rund ein Viertel des Industriestroms für das Fördern von Fluiden eingesetzt wird. Auf die Stromproduktion der Welt bezogen sind es immer noch 10 % – jedes zehnte Kraftwerk arbeitet also nur, um flüssige Medien von A nach B zu transportieren. Vor allem falsch dimensionierte, verschlissene oder ungeregelte Pumpen sowie ineffiziente Verdichter und Druckluftleckagen gelten als enorme Energiefresser. Dazu kommt die Unsitte, aus Unwissenheit oder Unsicherheit Pumpen zu groß auszulegen. Dadurch arbeiten die Aggregate außerhalb ihres optimalen Wirkungsgrades, müssen gedrosselt werden und verschleißen schneller. Dabei könnte schon die konsequente Nutzung moderner Drehzahlregelungen helfen, allein in Deutschland 7,5 Terawattstunden Energie sowie 4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einzusparen. Durch den geringeren Energieverbrauch geregelter Antriebe, verbesserter Laufradgeometrien oder geringerer Spaltmaße amortisieren sich die Mehrkosten für neue Aggregate.

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Dazu kommt die enorme Belastung durch die hohen Energiepreise, der sich vor allem Unternehmen mit einer tiefgehenden Integration vorgelagerter Herstellungsschritte ausgesetzt sehen: Produktionsprozesse wie das Gießen von Maschinenenteilen oder Testläufe großer Pumpen gehen angesichts der Energiebedarfe im Megawatt-Bereich bei enormen Kosten für Strom und Gas massiv ins Geld, warnen Experten – und erinnern daran, dass Industrieunternehmen im Gegensatz zu Verbrauchern nicht von Festpreisgarantien profitieren. Daher sind Energie- und Kostenoptimierung 2023 für die Pumpenhersteller nicht nur Punkte im Lastenheft der Produktentwicklung, sondern stehen auch bei eigenen Herstellungsprozessen im Mittelpunkt.

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Auf dem Weg zu vernetzten Strömungsmaschinen – Konnektivität ist gefragt

Welche bestimmende Rolle das Thema Energieeffizienz mittlerweile hat, zeigt auch, dass beispielsweise der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hier das größte Potenzial digitaler Tools sieht. Denn in der Fluidik 4.0 tut sich einiges: Mit der Verwaltungsschale wird das Konzept des Digitalen Zwillings endlich mit Leben gefüllt. Jetzt können Pumpen, Kompressoren, Vakuumpumpen, aber auch vernetzte Armaturen so beschrieben werden, dass diese Informationen für alle am Prozess Beteiligten les- und nutzbar sind. Dazu kommen OPC UA Companion Specifications, die Interoperabilität zwischen Komponenten verschiedener Hersteller sicherstellen sollen.

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Auch beim Thema Leckage-Detektion punkten digital unterstützte Lösungen: So kombinieren akustische Kameras Ultraschallsensorik mit optischer Bildgebung, um Lecks an Pipelines oder Druckluftsystemen aufzuspüren. Mit sogenannten Gaskameras lassen sich Leckagen nicht nur erkennen, sondern das entsprechende Gas gleich bestimmen. Derartige Kameras sind mittlerweile klein genug, um als Handgerät verfügbar zu sein, können aber auch fest installiert zum Einsatz kommen.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

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Neben effizienten Antrieben und präziser Regelung nutzen immer mehr Anbieter Methoden wie die softwareunterstützte Anomalie-Erkennung, bei der ein Algorithmus die aktuellen Betriebszustände untersucht. Aus diesen Werten kann die Software Prognosen zu künftigen Fehlern oder Anomalien ableiten und entsprechende Maßnahmen vorschlagen. Mit dieser vorausschauenden Instandhaltung oder Predictive Maintenance ließen sich rund 70 % der ungeplanten Anlagenstillstände verhindern, erklärt der VDMA. Selbst bei vergleichsweise simplen Komponenten wie Armaturen und sogar Dichtungen wird der Ruf nach der Integration in das Condition Monitoring lauter – gar nicht so einfach, wenn die notwendige Sensorik etwa auch im Atex-Bereich arbeiten soll.

Selbst Gleitringdichtungen schaffen mit drahtlosen Smart-Seal-Sensoren den Sprung in die digitale Welt. Denn gerade beim Umgang mit explosiven oder umweltgefährdeten Stoffen sind Betreiber immer weniger bereit, ein Risiko hinzunehmen. Daher sind etwa magnetgekuppelte Pumpen heiß begehrt.

Neue Medien für die Energiewende

Natürlich sind Pumpen & Systeme auch gefragt, wenn es um die Energie- und Rohstoffwertschöpfungsketten von morgen geht: So stellt Wasserstoff als kleinstes Molekül des Periodensystems besondere Anforderungen an Pumpen und Verdichter. Das Gas ist sehr flüchtig, kann in das Kristallgitter metallischer Werkstoffe eindringen und dort zur Wasserstoffversprödung führen.

Entsprechend genau gilt es, bei den verwendeten Komponenten von der Pumpe bis zur Armatur hinzusehen: Immerhin sind Anforderungen wie konkrete Werkstoffe und Oberflächengüten häufig nicht im Detail festgelegt. Deshalb greifen Pumpenhersteller derzeit auf die Expertise mit „klassischen“ Wasserstoffprojekten aus der Chemieindustrie zurück, auch wenn noch nicht jedes Detail klar ist. So bemängeln die Entwickler etwa, dass Fragen rund um den hydraulischen Abgleich oder die Fahrweise bei Pumpen in unterschiedlichen Wasserstoffprozessen noch offen sind.

Das betrifft etwa auch die Größe künftiger Wasserstoff-Projekte: Während die aktuell typischen modularen Containeranlagen rund 10 m³/h produzieren, steigt dieser Wert bei großen World-Scale-Anlagen auf 800 m³/h – ebenso der Betriebsdruck, der zwischen 6 und 40 bar liegen kann.

Ebenfalls auf der Agenda der Pumpenexperten: Verfahren zur CO2-Abscheidung und Nutzung bzw. Einlagerung. Hier müssen Pumpen ein breites Anwendungsspektrum abdecken, schnell einsatzbereit sowie für sehr hohe Drücke und hohe Temperaturen geeignet sein, erklären die Hersteller. Dazu kommen die Anforderungen des Mediums CO2, wie die Flüchtigkeit – Kohlendioxid liegt bei Umgebungsdruck als Gasphase vor – die eine geeignete Abdichtung erforderlich macht.

Energie- und Effizienzpotenziale heben

Flüssiggas soll kurzfristig Europas Energiehunger stillen und die weggefallenen Lieferungen aus Russland kompensieren. Mit 27 Milliarden Dollar weltweit fließt im Jahr 2022 mehr als zehnmal so viel Geld wie im Corona-Jahr 2020 in Gasprojekte und Terminals. Dazu gehört auch die entsprechende Fluidik, vor allem, weil die extremen Bedingungen des tiefkalten Mediums leistungsfähige Komponenten erfordern.

So werden für Gasterminals und -Tankstellen Kryo-Pumpen und -Armaturen genauso benötigt wie bei der Schiffsbetankung. Dabei müssen die Bauteile Temperaturen von unter – 160 °C standhalten sowie die beim Verdampfen entstehenden explosiven Dämpfe sicher absperren. Dafür werden ein- oder mehrstufige Kreiselpumpen eingesetzt, wobei aufgrund der extremen Bedingungen dichtungslose Konstruktionen wie Spaltrohrmotorpumpen besser geeignet sind.

Zugleich stellen Ex-Schutz und Atex-Zertifizierungen aus gutem Grund hohe Ansprüche an die verwendeten Komponenten, und gerade die Regasifizierung von LNG braucht mit ihren Extremdrücken geeignet Sicherheitsventile.

Das geplante Verbot der sogenannten Ewigkeitschemikalien bzw. PFA (per- und polyfluorierte Chemikalien) der EU umfasst auch FKM und andere fluorierten Elastomerkunststoffe wie PTFE, FFKM, FEPM, PFA oder FEP. Diese sind per Definition PFAS und damit ab 2026 voraussichtlich verboten.

Damit könnten einige der wichtigsten Materialien für Dichtungen vom Markt verschwinden. Käme dieses Verbot wie angedacht, wären die Folgen dramatisch: Derzeit gibt es keine alternativen Materialien, die anstelle der PFAS-Dichtungen treten könnten. Die Folgen für Industrie und Gesellschaft wären erheblich: Laut Schätzungen wäre rund 80 % der industriellen Produktion betroffen. Und nicht nur das: Auch die Wasser- und Energieversorgung sowie der Gesundheitssektor bekämen massive Probleme. Deswegen erwarten Insider, dass das Gesetz – wenn überhaupt – nur in abgeschwächter Form in Kraft treten könnte. Dass die ECHA einen kompletten Rückzieher macht, gilt allerdings als quasi ausgeschlossen. Egal wie es in der PFAS-Frage weiter geht, ignorieren kann die Fluidik das Thema auf keinen Fall.

Den Hersteller bleibt nur die Flucht nach vorne: Mit einem diversifizierten Angebot wollen sich die Zulieferer unabhängiger von der Chemieindustrie machen. Doch auch dafür wird es Innovationen und Ideen brauchen, die über die – mittlerweile weitgehend ausentwickelte – Fluidik hinaus gehen. Dazu gehören digitale Services genauso wie kundenspezifische Lösungen, um nah am Kunden markt- und regulatorische Anforderungen bedienen zu können.

Über die Achema

Die Achema ist das Weltforum für chemische Technik, Verfahrenstechnik und Biotechnologie. Alle drei Jahre findet die globale Leitmesse der Prozessindustrie in Frankfurt am Main statt. Das Spektrum umfasst von Laborausrüstung, Pumpen und Analysegeräten über Verpackungsmaschinen, Kessel und Rührer bis zu Sicherheitstechnik, Werkstoffen und Software alles, was in der chemischen Industrie, der Pharma- und Lebensmittelherstellung benötigt wird. Der begleitende Kongress ergänzt die Themenvielfalt der Ausstellung mit wissenschaftlichen Vorträgen und zahlreichen Gast- und Partnerveranstaltungen. Die nächste Achema findet vom 10. bis 14. Juni 2024 in Frankfurt am Main statt.

www.achema.de

 

 

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