Die chemische Industrie ist für viele Wirtschaftszweige ein Zulieferer von unverzichtbaren Rohstoffen. So sind zum Beispiel die Automobilindustrie, der Maschinenbau sowie die Kunststoff-, Lebensmittel-, Glas- und Baustoffindustrie auf Basischemikalien angewiesen, die von der chemischen Industrie hergestellt werden. Die mit Abstand wichtigste Rolle spielen dabei Polyurethan-Kunststoffe oder -Kunstharze, die als Grundlage für Schaumstoffe oder Lacke dienen. Diese kommen wiederum bei unzähligen Endprodukten zum Einsatz, die wir aus dem täglichen Gebrauch kennen. Für einen Großteil dieser Anwendungen ist Vakuumtechnik unverzichtbar.
Für die Herstellung von hochwertigen Schaumstoffen werden Feinvakuumbedingungen bis 0,05 hPa benötigt
Allein in der EU werden jährlich mehr als 2 Millionen Tonnen Polyurethane produziert; die weltweite Nachfrage steigt durchschnittlich um 5 % pro Jahr. Polyisocyanate agieren als Vernetzer von Zwei-Komponenten-Polyurethan, aus dem Beschichtungen und Schaumstoffe entstehen. Das gezielte Aushärten des Stoffes bei Raumtemperatur und die Verwendung eines speziellen Beschichtungsgerätes ermöglichen eine individuelle Anpassung der Aushärtungsdauer an die jeweilige Anwendung. So brauchen zum Beispiel in einer Produktionsanlage Beschichtungen nur dann gemischt zu werden, wenn sie unmittelbar benötigt werden.
Für die Polyisocyanat-Produktion ist Vakuumtechnik enorm wichtig. Im Anschluss an die eigentliche Herstellung des Isocyanats wird über einen mehrstufigen Destillationsprozess eine möglichst hohe Konzentration sichergestellt. Dabei werden Feinvakuumbedingungen, also Absolutdrücke im Bereich von 0,05 hPa, benötigt.
ATEX-zertifizierte Vakuumlösungen für die Produktion von Polyisocyanaten
TDI (Toluol-2,4-Di-Isocyanat), das neben MDI (Methylen- Diphenyl-Di-Isocyanat) weltweit am meisten hergestellte Polyisocyanat, ist nicht nur eine sehr giftige Flüssigkeit, sondern kann auch bei höheren Temperaturen entzündliche Dampf- Luft-Gemische bilden. Aus diesem Grund verwenden die Betreiber der Anlagen vorzugsweise Vakuumpumpstände, die gemäß ATEX-Richtlinie 2014/34/EU zertifiziert sind und auch besonders hohen Anforderungen an die Dichtigkeit genügen.
Um alle Qualitäts- und Sicherheitsaspekte im Prozessablauf abdecken zu können, ist eine genaue Auslegung gemäß den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Anwendung notwendig. Im ersten Schritt werden auf Basis von Stoffdaten und -strömen im Prozess die jeweiligen Gasvolumenströme berechnet. Die Ergebnisse dienen dann als Parameter zur Auswahl der geeigneten Vakuumpumpen. Wichtige Anforderungen sind hier neben der Sicherheit die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der eingesetzten Vakuumtechnik.
Pfeiffer Vacuum bietet komplette, nach ATEX zertifizierte Vakuumsysteme für die Herstellung von Polyisocyanaten. Die meisten Prozesse erfordern einen mehrstufigen Aufbau des Vakuumsystems. So entwickelten die Experten von Pfeiffer Vacuum für einen großen deutschen Chemiekonzern ein sechsstufiges System, bestehend aus fünf Wälzkolbenstufen und einer Flüssigkeitsring-Vakuumpumpe. An unterschiedlichen Stellen des Prozesses waren verschiedene Gaszuflüsse zu berücksichtigen. Das System wurde entsprechend den Vorgaben des Kunden ausgelegt und erfüllte alle individuellen Parameter.
Vakuumpumpstände CombiLine
Damit Unternehmen die in den verschiedenen Anwendungen benötigten Vakuumbedingungen effektiv und kostenoptimiert herstellen können, bietet Pfeiffer Vacuum mit seinem umfassenden Komplettangebot kundenspezifische Lösungen. Gerade im Hinblick auf die Anwendungen in der chemischen Industrie, die einen Druck < 30 hPa benötigen, haben sich besonders die Wälzkolbenpumpstände CombiLine WS von Pfeiffer Vacuum als ideale Lösungen etabliert.
Je nach benötigtem Saugvermögen und Arbeitsdruck können unterschiedliche Pumpentypen und Stückzahlen in die einzelnen Pumpstufen eingebaut werden. Als Vorpumpen stehen vorrangig Drehschieber-, Schrauben-, Flüssigkeitsring- sowie gasgekühlte Wälzkolbenpumpen zur Auswahl.
Für die weiteren Stufen werden in der Regel Wälzkolbenpumpen eingesetzt, die als luftgekühlte (Standard) oder gasumlaufgekühlte Versionen und in verschiedenen Materialien verfügbar sind (z. B. Kugelgrafitguss oder Edelstahl). Auch spezifische Beschichtungen und verschiedene Kupplungsarten sind möglich, die individuell für den jeweiligen Bedarfsfall miteinander kombiniert werden. Für Anwendungen in explosions-gefährdeten Umgebungen sind ATEX-zertifizierte Wälzkolbenpumpen der Kategorien 2G und 3G verfügbar.

Einsatz in explosionsgefährdeten Umgebungen
ATEX-zertifizierte Wälzkolbenpumpen
Dank ihrer Magnetkupplung sind die Pumpen der OktaLine ATEX-hermetisch dicht. Ihre extrem niedrige Leckrate von < 1E-6 Pa m³/s sorgt für weitere Sicherheit, da eine Zonenverschleppung verhindert wird. Unter Zonenverschleppung versteht man das Risiko, dass zum Beispiel durch Versagen einer Dichtung explosive Gemische aus der Pumpe nach außen dringen können und somit die Explosionsgefahr nach außen verschleppt wird. Da der Betreiber der Anlage dort in der Regel nicht mit explosiven Gemischen rechnet, ist das Gefahrenpotenzial entsprechend erhöht. Zusätzlich sind die Pumpen aufgrund dieser dauerhaft niedrigen Leckrate auch TA-Luft-konform.

Neben den bereits genannten Vorteilen entfallen durch die Magnetkupplung auch die Wellendichtringe. Pumpen mit Wellendichtringen können bei mangelnder Ölschmierung durch Reibung erhitzen und stellen demnach eine potenzielle Zündquelle dar. Erfahrungen aus dem Feld haben gezeigt, dass dieser Zustand – ein leerer Ölbehälter zur Schmierung der Wellendichtringe – sehr häufig anzutreffen ist. Weiterhin stellen Wellendichtringe Schwachstellen bei Druckstößen dar und benötigen regelmäßige Wartung.
Die OktaLine ATEX hingegen hat lange Wartungsintervalle. Doch nicht nur im Bereich der Wartungskosten schneidet die Magnetkupplung besser ab. Durch den nahezu verlustfreien Übertrag des Motormomentes kann der Stromverbrauch im Betriebspunkt um bis zu 20 % gesenkt werden. Realisiert wird dies im Vergleich zu anderen magnetgekuppelten Pumpen durch einen nicht-metallischen Spalttopf, der eine signifikant geringere Wirbelstrominduktion aufweist als zum Beispiel magnetgekuppelte Flüssigkeitsringpumpen. Die Luftkühlung benötigt zudem deutlich weniger Energie als eine Wasserkühlung, was die Betriebskosten signifikant verringert.
Nicht blockiertes Überströmventil ermöglicht einfachen Austausch und Betrieb der Pumpen
Wälzkolbenpumpen mit einem nicht blockierten Überströmventil ermöglicht einen einfachen Austausch und Betrieb der Pumpen. Denn in einigen Fällen war der nachträgliche Einbau eines Frequenzumrichters nicht möglich – insbesondere bei allen Anwendungen, in denen die ATEX-zertifizierte Wälzkolbenpumpe eine bisher verwendete Standardversion ersetzen sollte. Wenn zudem keine zusätzlichen Druckmessgeräte vorhanden sind, ist auch das Starten der Pumpe bei einem definierten Gegendruck nicht möglich.
Standardpumpen können problemlos gegen die neuen ATEX-Pumpen mit nicht blockiertem Überströmventil ausgetauscht werden. Dazu müssen weder Frequenzumrichter noch Geräte zur Drucküberwachung installiert werden. Die Wälzkolbenpumpe kann nun weiterhin zeitgleich mit der Vorpumpe gestartet werden, sodass das neue Überströmventil nicht nur sicheren Betrieb, sondern auch eine kürzere Evakuierungszeit gewährleistet. Wird das ATEX-Überströmventil zusätzlich zu einem Frequenzumrichter verwendet, ermöglicht es auch im Fall eines Ausfalls des Umrichters den einwandfreien Betrieb.
Frequenzgesteuerte Antriebe eignen sich, um die Effizienz zu steigern. Auf diese Weise arbeitet die Anlage immer im optimalen Betriebszustand. Energiekosten werden eingespart – „vacuum on demand“ wird so möglich.
Auch wenn der Ersatz von älteren Geräten nun einfacher durchzuführen ist, empfiehlt Pfeiffer Vacuum, die bisherige Auslegung des Vakuumsystems immer zu überprüfen. Erfahrungen zeigen, dass bereits kleine, im Laufe der Zeit vorgenommene Änderungen im Prozessablauf eine neue Betrachtung notwendig machen können. Eine Möglichkeit hierbei ist die Optimierung der Abstufung von Wälzkolbenpumpe und Vorvakuumpumpe, wodurch eine bessere Verteilung der Lasten und Temperaturen erreicht werden kann.