Im Trockenjahr 2018 waren die Stadtwerke Böhmetal froh über die neuen Hochdruckpumpen von Andritz in dem Wasserwerk Düshorner Heide. Zusammen mit Synchronreluktanzmotor-Antriebspaketen von ABB haben die Pumpen-Motor-Kombinationen in dem heißen Sommer eine sehr hohe Förderleistung erbracht und gleichzeitig Energie gespart.
Die niedersächsische Stadtwerke Böhmetal GmbH nimmt im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags die Betriebs- und Geschäftsführung für den Wasserverband Heidekreis (WVH) (bis Ende 2018 Wasserversorgungsverband Landkreis Fallingbostel) wahr. Das Versorgungsgebiet des WVH umfasst alle Ortschaften im Altkreis Fallingbostel außerhalb der Städte Walsrode und Bad Fallingbostel mit Dorfmark und ohne den Gemeindefreien Bezirk Osterheide. Der mittlere Trinkwasserabsatz beträgt jährlich rund 1,9 Mio. m³ für die circa 38.000 Einwohnern. Hierzu unterhält der WVH das Wasserwerk in Walsrode-Düshorn sowie mehrere Druckerhöhungsanlagen mit Reinwasserspeichern.
Anfang 2017 hatten die Stadtwerke Böhmetal entschieden, die beiden Spitzenlastpumpen des Wasserwerks auf den Prüfstand zu stellen. In dem Wasserwerk aus den 1970er-Jahren waren sechs Pumpen des Pumpenherstellers Andritz Ritz GmbH als Erstausrüstung verbaut – jeweils zwei Spitzenlast-, Mittellast- und Nachtpumpen. Um nach dieser langen Betriebszeit die Förderleistungen der Spitzenlastpumpen zu überprüfen, wurde der internationale Technologiekonzern beauftragt, über einen mehrwöchigen Zeitraum die Leistung und Wirkungsgrade der Pumpe zu messen.
Optimierung der Spitzenlastpumpen
Die Messungen ergaben, dass die beiden Kreiselpumpen nicht mehr die ursprüngliche Förderleistung erbrachten. Mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung konnten die Spezialisten von Andritz des Weiteren belegen, dass sich die Investition in neue frequenzumrichtergeregelte Pumpen durch hohe Energiekosteneinsparungen rasch amortisieren würden – die bisherigen Pumpenmotoren wurden über den Netzdruck mithilfe der Phasenanschnittregelung geregelt. Die Stadtwerke Böhmetal entschieden deshalb, diese durch moderne Hochdruckpumpen der Serie 43 (HP43) von Andritz zu ersetzen. Für eine Erneuerung der Pumpen sprach außerdem das Energiemanagementsystem gemäß ISO 50001, nach dem die Stadtwerke und der WVH zertifiziert sind.
Die 75-kW-Pumpen wurden mit Antriebspaketen von ABB geliefert, die aus zwei 90-kW-Synchronreluktanzmotoren (SynRM) und zwei Industrial Drives ACS880 bestanden. Den Einbau erledigte der lokale Anlagenbauer Bartsch Pumpen- und Wassertechnik.
Die beiden neuen Hochdruckpumpen HP43 wurden im März 2018 in Betrieb genommen. Sie haben eine Förderleitung von je 300 m³/h bei einer Förderhöhe von 65 m (6,5 bar). Da die neuen Pumpen deutlich schwerer sind als ihre Vorgänger, bieten sie eine hohe Laufruhe. Zu einem niedrigeren Geräuschpegel tragen auch die frequenzumrichtergeregelten SynRM bei, die im Vergleich zu Asynchronmotoren wesentlich leiser sind.
Exzellenter Paket-Wirkungsgrad
Der hydraulische Wirkungsgrad der Pumpen der Baureihe HP43 beträgt 89 Prozent; die SynRM von ABB haben einen Wirkungsgrad von 96 Prozent. Das Resultat ist ein exzellenter Paket-Wirkungsgrad von 83 Prozent – gut 10 Prozent mehr als bei herkömmlichen Pumpen-Motor-Kombinationen.
Der für das Projekt zuständige Pumpenexperte von Andritz Ritz betont: „Eine andere Pumpen-Motor-Kombination mit einem vergleichbaren Wirkungsgrad gibt es derzeit nicht auf dem Markt. Effizienz ist das primäre Kriterium bei den Stadtwerken. Jede Pumpe kommt auf jährlich über 2.500 Betriebsstunden. Da ist ein hoher Wirkungsgrad das Maß aller Dinge.“
Für die Andritz-Niederlassung in Schwäbisch Gmünd war es der erste Einsatz von SynRM an ihren Pumpen. Andritz hat sich für die IE4-Motoren von ABB entschieden, weil sowohl Regelverhalten als auch Wirkungsgrad sehr gut sind. Dazu der Pumpen-Fachingenieur von Andritz: „Wasserversorgern sind Motoren wichtig, die ein sehr breites Drehzahlspektrum abdecken, da die Pumpen maximal geregelt werden, von einer sehr kleinen Drehzahl bis zu einer sehr großen. Asynchronmotoren bieten ebenfalls einen sehr guten Wirkungsgrad, aber nur über einen kleinen Leistungsbereich.“
„Da die Pumpen frequenzgeregelt gefahren werden, wird ihr Betriebspunkt bei rund 1.400 Umdrehungen pro Minute erreicht. Wir haben somit noch 100 Umdrehungen Luft nach oben, um bei Bedarf mehr Leistung aus dem Motor zu generieren“, unterstreicht der Projektverantwortliche.
Die SynRM sind nicht nur sehr effizient, sondern auch wartungsfreundlich. Ein weiteres Kennzeichen ist die geringe Wärmeentwicklung, die bei der Anwendung in einem Wasserwerk ebenfalls von Vorteil ist. Aufgrund der dort herrschenden niedrigeren Umgebungstemperaturen fällt dadurch weniger Feuchtigkeit an.
Der Rotor eines SynRM hat weder einen Kurzschlusskäfig noch Permanentmagnete oder eine Felderregerwicklung. Stattdessen wird das Prinzip der magnetischen Reluktanz verwendet. Dadurch entfallen die durch den Läuferkäfig verursachten Verluste. Eine hohe Effizienz ist das Ergebnis. Die Standardleistung und -drehmomentstufen werden mit einer niedrigen Wärmeklasse erreicht, was die Lebensdauer der Motorisolation und der Lager bzw. die Schmierintervalle verlängert.
Wasserversorger ist begeistert
Die Formel „Mehr Wasser mit weniger Energie“ hat die Stadtwerke Böhmetal überzeugt. Dazu der Pumpen-Fachingenieur: „Der Kunde ist hellauf begeistert. Der extreme Sommer 2018 hatte überdurchschnittliche Abgabemengen gefordert, die die alten Pumpen nicht geschafft hätten. Mit unseren neuen Hochdruckpumpen stellt die Wasserverteilung nunmehr kein Problem dar. Gleichzeitig wurden durch die neuen Pumpen-Motor-Kombinationen gegenüber den Vorjahren 33 Prozent Energie eingespart. Das hat die Stadtwerke Böhmetal derart überzeugt, dass sie noch zwei neue Mittellastpumpen inklusive SynRM-Antriebspakete von ABB bei uns bestellt haben.“
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