Die erste von Pfeiffer Vacuum serienmäßig gefertigte Turbopumpe erreichte ein Kompressionsvermögen von 250 für Wasserstoff. Sie hatte ein Saugvermögen von 140 l/s bei einem Gewicht von ungefähr 60 kg. Die neuste kompressionsoptimierte Turbopumpe HiPace 700 H schafft ein Kompressionsvermögen von ≥ 2·107 für Wasserstoff. Sie hat heute nahezu das Fünffache an Saugvermögen bei knapp einem Fünftel des Gewichtes. Dazwischen liegen gerade mal 61 Jahre.
Die neue Turbopumpe HiPace 700 H ist damit ideal für die Erzeugung von Hoch- und Ultrahochvakuum geeignet. Durch das hohe Kompressionsverhältnis entsteht in der Kammer ein niedriges Restgasspektrum, wie es zum Beispiel für bestimmte massenspektrometrische Applikationen wünschenswert ist. Dank des ausgereiften Rotordesigns verfügt die HiPace 700 H über eine außerordentlich hohe Vorvakuumverträglichkeit von bis zu 22 hPa. Damit erreichen sie das Ultrahochvakuum auch beim Betrieb mit hohen Vorvakuumdrücken, wie sie in der Kombination mit Membranpumpen auftreten.
Hier ein Blick auf die Geschichte der Turbopumpe, warum sie so heißt und ihr heutiger Einsatzbereich.
Die Anfänge der Turbopumpe

Die Geburtsstunde der Turbopumpe fällt in das Jahr 1955. Dr. Willi Becker (1919-1986), zu diesem Zeitpunkt seit 13 Jahren Leiter des technischen Labors bei der Arthur Pfeiffer Vakuumtechnik GmbH (heute Pfeiffer Vacuum GmbH), beschäftigte sich mit der Frage, wie bei Öldiffusionspumpen die Rückströmung des Öls ins Pumpgehäuse verhindert werden konnte. Dazu verwendete er ein Baffle in Form eines rotierenden Fächerrads. Ohne signifikante Leitwertverluste erlaubte dieser Aufbau, dass Gaspartikel ohne Leitwertverluste in Richtung des Druckgradienten strömten. In umgekehrter Richtung wurden rückströmende Ölmoleküle durch das rotierende Fächerrad reflektiert. Sie konnten so nicht auf die Hochvakuumseite gelangen. Während seiner Untersuchungen stellte Becker fest, dass das rotierende Baffle eine hohe Druckdifferenz im molekularen Strömungsbereich erzeugte. Ähnlich wie bei einer Turbine wurden, vor und nach dem Fächerrad, Führungskanäle angebracht. Dadurch konnte die Druckdifferenz deutlich erhöht werden. Der Name „Turbopumpe“ war geboren. Genauso wie die Gaede-Molekularpumpe 50 Jahre zuvor, war auch die erste Turbopumpe doppelflutig ausgeführt. 1956 meldete Becker seine Entwicklung zum Patent an, das ihm 1958 erteilt wurde. Während des internationalen Vakuumkongresses in Namur/Belgien, am 12. Juni 1958, veröffentlichte Becker erstmals Informationen zu seiner Turbopumpe. Die doppelflutige Pumpe hatte je 19 Pumpstufen (12 Pump- und 7 Kompressionsstufen) mit einem Saugvermögen von 140 l/s und einem Kompressionsverhältnis von 250 für Wasserstoff bei einer Rotordrehzahl von 16.000 min⁻¹.
Evolution der Turbopumpen – immer kleiner und besser
Die ersten doppelflutigen Turbopumpen wurden rasch durch einflutige abgelöst, die anfangs mit zwei öl- oder fettgeschmierten Kugellagern gebaut wurden. 1967 wurde der ursprüngliche Riemenantrieb durch den elektronischen Antrieb ersetzt. Für den Einsatz im Weltraum entwickelte Pfeiffer Vacuum 1978 eine Miniatur-Turbopumpe für die NASA, die bei 16 l/s Saugvermögen und 90.000 Umdrehungen pro Minute nur 3 kg wog und erstmals eine Magnetlagerung enthielt. Das permanentmagnetische Radiallager kann im Gegensatz zu einem geschmierten Kugellager im Hochvakuumraum angeordnet sein.
Heute sind moderne Turbopumpen mit einer Hybridlagerung ausgestattet. Mit dieser Kombination aus Keramik-Kugellager auf der Vorvakuumseite und permanentmagnetischem Radiallager auf der Hochvakuumseite haben diese Turbopumpen ein besonders robustes Lagerkonzept. Dadurch erreichen sie extrem lange Standzeiten bzw. Wartungsintervalle von mehr als 4 Jahren.

Turbopumpen in der Forschung und Entwicklung
Da in der Forschung und Entwicklung an verschiedensten Themenfeldern geforscht wird, gibt es hier ein breites Anwendungsspektrum für Turbopumpen. Sehr oft werden die Pumpen jedoch zur Erzeugung von Hoch- und Ultrahochvakuum eingesetzt. Typische Anwendungen sind hier die Hochenergiephysik mit ihren Teilchenbeschleunigern oder die Oberflächenphysik. Um in dieses Hoch- und Ultrahochvakuum vordringen zu können, müssen die Turbopumpen, vor allem für leichte Gase, ein hohes Kompressionsvermögen aufweisen.
Turbopumpen in der Analytik
In der Analytik kommt es, beispielsweise mit Rasterelektronenmikroskopen sehr häufig darauf an, dass keine bzw. möglichst geringe Vibrationen von der Pumpe auf die Anlage übertragen werden, da sie die Auflösung des Mikroskops verschlechtern würden. Aus dem gleichen Grund dürfen möglichst keine magnetischen Streufelder von der Pumpe ausgehen. Wegen der Integration in eine Anlage wird in der Regel eine kompakte Bauform gewünscht. Für High-End-Anlagen werden überwiegend magnetisch gelagerte Pumpen eingesetzt.
Turbopumpen in der Beschichtungstechnik
Turbopumpen werden in der gesamten Breite der Glasbeschichtung eingesetzt – vom Brillen- bis zum Architekturglas und hinein in die Solartechnik. In der Beschichtungstechnik werden meist mittlere bis hohe Gasdurchsätze sowie in manchen Fällen eine gewisse Unempfindlichkeit gegenüber Partikeln verlangt. Auch der Betrieb mit einer relativ hohen Kühlwassertemperatur wird häufig gefordert. Diese Randbedingungen bewirken eine Erhöhung der Temperatur des Turborotors, die jedoch aus Festigkeitsgründen eine vorgegebene Obergrenze nicht überschreiten darf. Die tatsächliche Temperatur hängt unter anderem von Art und Menge des Gases, der verfügbaren Kühlleistung und der Umgebungstemperatur sowie der Drehzahl des Rotors ab. Zur Erzielung der bestmöglichen Leistung muss die Pumpe dicht an der Temperaturgrenze des Rotors betrieben werden, ohne diese zu überschreiten.
Turbopumpen in der Halbleiterindustrie
Bei Anwendungen in der Halbleiterindustrie sind häufig aggressive Gase wie Halogene zu pumpen. Mit der Herstellung immer kleinerer Strukturen steigt die Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzung. Aus diesem Grund werden in der Halbleiterindustrie überwiegend magnetisch gelagerte Pumpen verwendet. Bei der Belichtung (Lithografie) und Inspizierung (Metrologie) feinster Strukturen ist es wie beim Elektronenmikroskop wichtig, dass keine Vibrationen auf die Anlage einwirken.
Turbopumpen in der Industrie
Im industriellen Umfeld sind vor allen Dingen Robustheit und Langlebigkeit gefordert. Turbopumpen kommen beispielsweise beim Elektronenstrahlschweißen, in der sie bisher eingesetzte Diffusionspumpen ersetzen, zum Einsatz. Turbopumpen müssen hier robust gegen Stäube sein und dabei ein hohes Saugvermögen bieten. Auch in der Medizintechnik, wo Verlässlichkeit eine besondere Rolle spielt, werden Turbopumpen zur Realisierung von modernsten Geräten für medizinische Bildgebung eingesetzt.